Людвиг ван Бетховен — Фиделио / на немецком языке

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Людвиг ван Бетховен - Фиделио / на немецком языкеФиделио (Op. 72; нем. Fidelio) — единственная опера немецкого композитора Людвига ван Бетховена. Опера в двух действиях. Авторы либретто Иозеф Зоннлейтнер и Г. Ф. Трейчке по драме «Леонора, или Супружеская любовь» Жана Николя Буйи. Произведение написано в традициях оперы спасения.
Fidelio oder Die eheliche Liebe
Personen:
DON FERNANDO, Minister (Bariton)
DON PIZARRO, Gouverneur eines Staatsgefängnisses (Bariton)
FLORESTAN, Gefangener (Tenor)
LEONORE, dessen Frau unter dem Namen «Fidelio» (Sopran)
ROCCO, Kerkermeister (Bass)
MARZELLINE, dessen Tochter (Sopran)
JAQUINO, Pförtner (Tenor)
ERSTER GEFANGENER (Tenor)
ZWEITER GEFANGENER (Bass)

CHOR
Wachsoldaten; Staatsgefangene; Volk
ERSTER AKT

Fidelio oder Die eheliche Liebe
Personen:
DON FERNANDO, Minister (Bariton)
DON PIZARRO, Gouverneur eines Staatsgefängnisses (Bariton)
FLORESTAN, Gefangener (Tenor)
LEONORE, dessen Frau unter dem Namen «Fidelio» (Sopran)
ROCCO, Kerkermeister (Bass)
MARZELLINE, dessen Tochter (Sopran)
JAQUINO, Pförtner (Tenor)
ERSTER GEFANGENER (Tenor)
ZWEITER GEFANGENER (Bass)

CHOR
Wachsoldaten; Staatsgefangene; Volk
ERSTER AKT

Ouvertüre

ERSTER AUFTRITT
Marzelline, Jaquino.

Nr. 1 — Duett

JAQUINO
Jetzt, Schätzchen, jetzt sind wir allein,
Wir können vertraulich nun plaudern.

MARZELLINE
Es wird ja nichts Wichtiges sein,
Ich darf bei der Arbeit nicht zaudern.

JAQUINO
Ein Wörtchen, du Trotzige, du!

MARZELLINE
So sprich nur, ich höre ja zu.

JAQUINO
Wenn du mir nicht freundlicher blickest,
So bring ich kein Wörtchen hervor.

MARZELLINE
Wenn du dich nicht in mich schickest,
Verstopf ich mir vollends das Ohr.

JAQUINO
Ein Weilchen nur höre mir zu,
Dann lass’ ich dich wieder in Ruh.

MARZELLINE
So hab ich denn nimmermehr Ruh;
So rede, so rede nur zu.

JAQUINO
Ich habe zum Weib dich gewählet,
Verstehst du?

MARZELLINE
Das ist ja doch klar.

JAQUINO
Und, wenn mir dein Jawort nicht fehlet,
Was meinst du?

MARZELLINE
So sind wir ein Paar.

JAQUINO
Wir könnten in wenigen Wochen —

MARZELLINE
Recht schön, du bestimmst schon die Zeit.

JAQUINO
Zum Henker, das ewige Pochen!

MARZELLINE
So bin ich doch endlich befreit!

JAQUINO
Da war ich so herrlich im Gang,
Und immer entwischt mir der Fang.

MARZELLINE
Wie macht seine Liebe mir bang,
Wie werden die Stunden mir lang.
Ich weiss, dass der Arme sich quälet,
Es tut mir so leid auch um ihn!
Fidelio hab ich gewählet,
Ihn lieben ist süsser Gewinn.

JAQUINO
Wo war ich? — Sie sieht mich nicht an.

MARZELLINE
Da ist er — er fängt wieder an.

JAQUINO
Wann wirst du das Jawort mir geben?
Es könnte ja heute noch sein.

MARZELLINE
O weh! Er verbittert mein Leben.
Jetzt, morgen und immer, nein!

JAQUINO
Du bist doch wahrhaftig von Stein!
Kein Wünschen, kein Bitten geht ein.

MARZELLINE
Ich muss ja so hart mit ihm sein,
Er hofft bei dem mindesten Schein.

JAOUINO
So wirst du dich nimmer bekehren?
Was meinst du?

MARZELLINE
Du könntest nun gehn.

JAQUINO
Wie? Dich anzusehn willst du mir wehren?
Auch das noch?

MARZELLINE
So bleibe hier stehn!

JAQUINO
Du hast mir so oft doch versprochen —

MARZELLINE
Versprochen? Nein, das geht zu weit!

JAQUINO
Zum Henker, das ewige Pochen!

MARZELLINE
So bin ich doch endlich befreit!

JAQUINO
Es ward ihr im Ernste schon bang,
Wer weiss, ob es mir nicht gelang.

MARZELLINE
Das ist ein willkommener Klang,
Es wurde zu Tode mir bang.
ZWEITER AUFTRITT
Marzelline allein.

MARZELLINE
Der arme Jaquino! Ich war ihm sonst recht gut, da kam Fidelio in unser Haus, und seit der Zeit ist alles in mir und um mich verändert.

Nr. 2 — Arie

MARZELLINE
O wär ich schon mit dir vereint
Und dürfte Mann dich nennen!
Ein Mädchen darf ja, was es meint,
Zur Hälfte nur bekennen.
Doch wenn ich nicht erröten muss
Ob einem warmen Herzenskuss,
Wenn nichts uns stört auf Erden —
Die Hoffnung schon erfüllt die Brust
Mit unaussprechlich süsser Lust,
Wie glücklich will ich werden!

In Ruhe stiller Häuslichkeit
Erwach ich jeden Morgen,
Wir grüssen uns mit Zärtlichkeit,
Der Fleiss verscheucht die Sorgen.
Und ist die Arbeit abgetan,
Dann schleicht die holde Nacht heran,
Dann ruhn wir von Beschwerden.
Die Hoffnung schon erfüllt die Brust
Mit unaussprechlich süsser Lust,
Wie glücklich will ich werden!
DRITTER AUFTRITT
Marzelline, Rocco, Jaquino.

ROCCO
Marzelline, ist Fidelio noch nicht zurückgekommen?

MARZELLINE
Nein, Vater.

ROCCO
Ich erwarte ihn mit Ungeduld,

MARZELLINE
Da ist er ja! Wie beladen er ist.
VIERTER AUFTRITT
Die Vorigen, Leonore.

ROCCO
Warte! Warte, Fidelio! Diesmal hast du dir zu viel aufgeladen.

LEONORE
Ich muss gestehen, ich bin ein wenig ermüdet. Der Schmied hatte an den Ketten so lange auszubessern.

ROCCO
Sind sie jetzt gut?

LEONORE
Gewiss, gut und stark. Keiner der Gefangenen wird sie zerbrechen.

ROCCO
Wieviel kostet alles zusammen?

LEONORE
Zwölf Piaster ungefähr. Hier ist die Rechnung.

ROCCO
Gut! Du bist ein kluger Bursche. Ich kann gar nicht begreifen, wie du deine Rechnung machst.

LEONORE
Ich suche zu tun, was mir möglich ist.

ROCCO
Sei versichert, dein Lohn wird nicht ausbleiben.

LEONORE
O glaubt nicht, dass ich meine Schuldigkeit nur des Lohnes wegen — ich…

ROCCO
Still! Meinst du, ich kann dir nicht ins Herz sehen?

Nr. 3 — Quartett

MARZELLINE
Mir ist so wunderbar,
Es engt das Herz mir ein;
Er liebt mich, es ist klar,
Ich werde glücklich sein.

LEONORE
Wie gross ist die Gefahr,
Wie schwach der Hoffnung Schein!
Sie liebt mich, es ist klar,
O namenlose Pein!

ROCCO
Sie liebt ihn, es ist klar;
Ja, Mädchen, er wird dein.
Ein gutes, junges Paar,
Sie werden glücklich sein.

JAQUINO
Mir sträubt sich schon das Haar,
Der Vater willigt ein;
Mir wird so wunderbar,
Mir fällt kein Mittel ein.
ROCCO
Höre, Fidelio! Sobald der Gouverneur nach Sevilla gereist sein wird, mache ich dich zu meinem Tochtermann. Am Tage nach seiner Abreise gebe ich euch zusammen.

MARZELLINE
Den Tag nach seiner Abreise? O ja, lieber Vater!

LEONORE
Den Tag nach seiner Abreise?

ROCCO
Nun, meine Kinder, ihr habt euch doch lieb, nicht wahr? Aber das ist noch nicht alles, was zu einer vergnügten Haushaltung gehört.

Nr. 4 — Arie

ROCCO
Hat man nicht auch Gold beineben,
Kann man nicht ganz glücklich sein;
Traurig schleppt sich fort das Leben,
Mancher Kummer stellt sich ein.
Doch wenns in der Tasche fein klingelt und rollt,
Da hält man das Schicksal gefangen,
Und Macht und Liebe verschafft dir das Gold
Und stillet das kühnste Verlangen.
Das Glück dient wie ein Knecht für Sold,
Es ist ein schönes Ding, das Gold.

Wenn sich nichts mit nichts verbindet,
Ist und bleibt die Summe klein;
Wer bei Tisch nur Liebe findet,
Wird nach Tische hungrig sein.
Drum lächle der Zufall euch gnädig und hold
Und segne und lenk euer Streben;
Das Liebchen im Arme, im Beutel das Gold,
So mögt ihr viel Jahre durchleben.
Das Glück dient wie ein Knecht für Sold,
Es ist ein mächtig Ding, das Gold.
LEONORE
Ihr könnt das leicht sagen, Meister Rocco, aber es gibt etwas, was mir nicht weniger kostbar sein würde.

ROCCO
Und was wäre das?

LEONORE
Euer Vertrauen. Oft sehe ich Euch aus den unterirdischen Gewölben ganz ausser Atem zurückkommen. Warum erlaubt Ihr mir nicht, Euch dahin zu begleiten?

ROCCO
Du weisst doch, dass ich den strengsten Befehl habe, niemanden zu den Staatsgefangenen zu lassen.

MARZELLINE
Aber Ihr arbeitet Euch ja zu Tode, Vater.

ROCCO
Ja, ihr habt recht. Der Gouverneur muss mir erlauben, dich in die geheimen Kerker mit mir zu nehmen. Aber es gibt ein Gewölbe, in das ich dich wohl nie werde führen dürfen.

MARZELLINE
Vermutlich, wo der Gefangene ist, von dem Ihr schon mehrere Male gesprochen …

ROCCO
Ja, ja.

LEONORE
Ich glaube, es ist schon lange her, dass er gefangen ist?

ROCCO
Schon über zwei Jahre.

LEONORE
Zwei Jahre, sagt Ihr? Er muss ein grosser Verbrecher sein.

ROCCO
Oder er muss grosse Feinde haben, das kommt ungefähr auf eins heraus. Aber es kann nicht mehr lange mit ihm dauern.

LEONORE
Grosser Gott!

ROCCO
Seit einem Monat schon muss ich auf Pizarros Befehl seine Portion immer kleiner machen. Jetzt hat er binnen vierundzwanzig Stunden nicht mehr als zwei Unzen schwarzes Brot und eine halbe Mass Wasser; kein Licht — kein Stroh — nichts — nichts -!!

MARZELLINE
O Vater, führt Fidelio ja nicht zu ihm! Diesen Anblick könnte er nicht ertragen.

LEONORE
Warum denn nicht? Ich habe Mut und Kraft!
Nr. 5 — Terzett

ROCCO
Gut, Söhnchen, gut,
Hab immer Mut,
Dann wird’s dir auch gelingen;
Das Herz wird hart
Durch Gegenwart
Bei fürchterlichen Dingen.

LEONORE
Ich habe Mut!
Mit kaltem Blut
Will ich hinab mich wagen:
Für hohen Lohn
Kann Liebe schon
Auch hohe Leiden tragen.

MARZELLINE
Dein gutes Herz
Wird manchen Schmerz
In diesen Grüften leiden;
Dann kehrt zurück
Der Liebe Glück
Und unnennbare Freuden.

ROCCO
Du wirst dein Glück ganz sicher bauen.

LEONORE
Ich hab auf Gott und Recht Vertrauen.

MARZELLINE
Du darfst mir auch ins Auge schauen
Der Liebe Macht ist auch nicht klein.
Ja, wir werden glücklich sein.

LEONORE
Ja, ich kann noch glücklich sein.

ROCCO
Ja, ihr werdet glücklich sein.

Der Gouverneur soll heut erlauben,
Dass du mit mir die Arbeit teilst.

LEONORE
Du wirst mir alle Ruhe rauben,
Wenn du bis morgen nur verweilst.

MARZELLINE
Ja, guter Vater, bitt’ ihn heute,
In kurzem sind wir dann ein Paar.

ROCCO
Ich bin ja bald des Grabes Beute,
Ich brauche Hilf’, es ist ja wahr.

LEONORE
Wie lang bin ich des Kummers Beute!
Du, Hoffnung, reichst mir Labung dar.

MARZELLINE
Ach, lieber Vater, was fällt Euch ein?
Lang’ Freund und Rater müsst Ihr uns sein.

ROCCO
Nur auf der Hut, dann geht es gut,
Gestillt wird euer Sehnen.
Gebt euch die Hand und schliesst das Band
In süssen Freudentränen.

LEONORE
Ihr seid so gut, Ihr macht mir Mut,
Gestillt wird bald mein Sehnen!
Ich gab die Hand zum süssen Band,
Es kostet bittre Tränen.

MARZELLINE
O habe Mut! O welche Glut!
O welch ein tiefes Sehnen!
Ein festes Band mit Herz und Hand,
O süsse, süsse Tränen!
Nr. 6 — Marsch
FÜNFTER AUFTRITT
Rocco, Pizarro, Offiziere, Wachen.

PIZARRO
Hauptmann, drei Schildwachen auf den Wall! Sechs Mann an die Zugbrücke, jedermann, der sich der Festung nähert, wird sogleich vor mich gebracht! Rocco, ist etwas Neues vorgefallen?

ROCCO
Nein, Herr Gouverneur.

PIZARRO
Depeschen?

ROCCO
Hier sind sie.

PIZARRO
Immer Empfehlungen oder Vorwürfe. Diese Schrift kenne ich.
gebe Ihnen Nachricht, dass der Minister in Erfahrung gebracht hat, dass die Staatsgefängnisse, denen Sie vorstehen, mehrere Opfer willkürlicher Gewalt enthalten. Er reist morgen ab, um Sie mit einer Untersuchung zu überraschen. Seien Sie auf Ihrer Hut und suchen Sie sich sicher zu stellen.«
Gott, wenn er entdeckte, dass ich diesen Florestan in Ketten liegen habe, den er längst tot glaubt. Doch es gibt ein Mittel! Eine kühne Tat . . .

Nr. 7 — Arie mit Chor

PIZARRO
Ha, welch ein Augenblick!
Die Rache werd’ ich kühlen,
Dich rufet dein Geschick!
In seinem Herzen wühlen,
O Wonne, grosses Glück!
Schon war ich nah, im Staube,
Dem lauten Spott zum Raube,
Dahingestreckt zu sein.
Nun ist es mir geworden,
Den Mörder selbst zu morden;
In seiner letzten Stunde,
Den Stahl in seiner Wunde,
Ihm noch ins Ohr zu schrein:
Triumph! Der Sieg ist mein!

CHOR DER WACHE
Er spricht von Tod und Wunde!
Nun fort auf unsre Runde,
Wie wichtig muss es sein!
Er spricht von Tod und Wunde!
Wacht scharf auf eurer Runde,
Wie wichtig muss es sein!
PIZARRO
Hauptmann! Besteigen Sie mit einem Trompeter sogleich den Turm. Sehen Sie mit der grössten Achtsamkeit auf die Strassen von Sevilla. Sobald Sie einen Wagen von Reitern begleitet entdecken, lassen Sie augenblicklich ein Signal geben. Verstehen Sie, augenblicklich! Ich erwarte die grösste Pünktlichkeit. Sie haften mir mit Ihrem Kopf. Fort! auf eure Posten! Rocco!

ROCCO
Herr!
Nr. 8 — Duett

PIZARRO
Jetzt, Alter, jetzt hat es Eile!
Dir wird ein Glück zuteile,
Du wirst ein reicher Mann;
Das geb ich nur daran.

ROCCO
So sagt doch nur in Eile,
Womit ich dienen kann.

PIZARRO
Du bist von kaltem Blute,
Von unverzagtem Mute
Durch langen Dienst geworden.

ROCCO
Was soll ich? Redet! Redet!

PIZARRO
Morden!

ROCCO
Wie?

PIZARRO
Höre mich nur an!
Du bebst? Bist du ein Mann?
Wir dürfen gar nicht säumen;
Dem Staate liegt daran,
Den bösen Untertan
Schnell aus dem Weg zu räumen.

ROCCO
O Herr!

PIZARRO
Du stehst noch an?
Er darf nicht länger leben,
Sonst ist’s um mich geschehn.
Pizarro sollte beben?
Du fällst — ich werde stehn.

ROCCO
Die Glieder fühl’ ich beben,
Wie könnt ich das bestehn?
Ich nehm ihm nicht das Leben,
Mag, was da will, geschehn.
Nein, Herr, das Leben nehmen,
Das ist nicht meine Pflicht.

PIZARRO
Ich will mich selbst bequemen,
Wenn dir’s an Mut gebricht;
Nun eile rasch und munter
Zu jenem Mann hinunter —
Du weisst —

ROCCO
Der kaum mehr lebt
Und wie ein Schatten schwebt?

PIZARRO
Zu dem, zu dem hinab!
Ich wart’ in kleiner Ferne,
Du gräbst in der Zisterne
Sehr schnell ein Grab.

ROCCO
Und dann?

PIZARRO
Dann werd’ ich selbst, vermummt,
Mich in den Kerker schleichen —
Ein Stoss — und er verstummt!

ROCCO
Verhungernd in den Ketten
Ertrug er lange Pein,
Ihn töten, heisst ihn retten,
Der Dolch wird ihn befrein.

PIZARRO
Er sterb in seinen Ketten,
Zu kurz war seine Pein,
Sein Tod nur kann mich retten,
Dann werd’ ich ruhig sein.

Jetzt, Alter, jetzt hat es Eile!
Hast du mich verstanden?
Du gibst ein Zeichen!
Dann werd’ ich selbst, vermummt,
Mich in den Kerker schleichen —
Ein Stoss — und er verstummt!

ROCCO
Verhungernd in den Ketten
Ertrug er lange Pein,
Ihn töten, heisst ihn retten,
Der Dolch wird ihn befrein.

PIZARRO
Er sterb in seinen Ketten,
Zu kurz war seine Pein.
Sein Tod nur kann mich retten,
Dann werd’ ich ruhig sein.
SECHSTER AUFTRITT
Leonore allein.

Nr. 9 — Rezitativ und Arie

LEONORE
Abscheulicher! Wo eilst du hin?
Was hast du vor in wildem Grimme?
Des Mitleids Ruf, der Menschheit Stimme —
Rührt nichts mehr deinen Tigersinn?
Doch toben auch wie Meereswogen
Dir in der Seele Zorn und Wut,
So leuchtet mir ein Farbenbogen,
Der hell auf dunkeln Wolken ruht:
Der blickt so still, so friedlich nieder,
Der spiegelt alte Zeiten wider,
Und neu besänftigt wallt mein Blut.

Komm, Hoffnung, lass den letzten Stern
Der Müden nicht erbleichen!
O komm, erhell’ mein Ziel, sei’s noch so fern,
Die Liebe, sie wird’s erreichen.
Ich folg’ dem innern Triebe,
Ich wanke nicht,
Mich stärkt die Pflicht
Der treuen Gattenliebe!
O du, für den ich alles trug,
Könnt ich zur Stelle dringen,
Wo Bosheit dich in Fesseln schlug,
Und süssen Trost dir bringen!
Ich folg’ dem innern Triebe,
Ich wanke nicht,
Mich stärkt die Pflicht
Der treuen Gattenliebe!
SIEBENTER AUFTRITT
Marzelline. Jaquino.

JAQUINO
Aber Marzelline —

MARZELLINE
Kein Wort, ich will nichts mehr hören.

JAQUINO
Ja früher, da war ich der gute, liebe Jaquino. Aber seit dieser Fidelio —
ACHTER AUFTRITT
Die Vorigen, Rocco, Leonore.

ROCCO
Was habt ihr beide denn wieder zu zanken?

MARZELLINE
Ach, Vater, Er will, dass ich ihn lieben, ihn heiraten soll.

ROCCO
Nein, Jaquino, von deiner Heirat ist jetzt keine Rede, mich beschäftigen andere Absichten.

LEONORE
Meister Rocco, ich ersuchte Euch schon einigemale, die armen Gefangenen in unsern Festungsgarten zu lassen. Heute ist das Wetter so schön.

ROCCO
Kinder, ohne Erlaubnis des Gouverneurs?

MARZELLINE
Aber er sprach doch so lange mit Euch. Vielleicht …

ROCCO
Du hast recht, Marzelline. Ich kann es wagen. Jaquino und Fidelio, öffnet die leichteren Gefängnisse. Ich aber gehe zu Pizarro und halte ihn zurück.
NEUNTER AUFTRITT
Chor der Gefangenen.

Nr. 10 — Finale

CHOR DER GEFANGENEN
O welche Lust, in freier Luft
Den Atem leicht zu heben!
Nur hier, nur hier ist Leben!
Der Kerker eine Gruft.

ERSTER GEFANGENER
Wir wollen mit Vertrauen
Auf Gottes Hilfe bauen!
Die Hoffnung flüstert sanft mir zu:
Wir werden frei, wir finden Ruh

ALLE ANDEREN
O Himmel! Rettung! Welch ein Glück!
O Freiheit! Kehrst du zurück?

ZWEITER GEFANGENER
Sprecht leise! Haltet euch zurück!
Wir sind belauscht mit Ohr und Blick. —

ALLE
Sprecht leise! Haltet euch zurück!
Wir sind belauscht mit Ohr und Blick. —
O welche Lust, in freier Luft
Den Atem leicht zu heben!
Nur hier, nur hier ist Leben.
Sprecht leise! Haltet euch zurück!
Wir sind belauscht mit Ohr und Blick. —
ZEHNTER AUFTRITT
Rocco, Leonore.

Rezitativ

LEONORE
Nun sprecht, wie ging’s?

ROCCO
Recht gut, recht gut!
Zusammen rafft ich meinen Mut
Und trug ihm alles vor;
Und sollst du’s glauben,
Was er zur Antwort mir gab?
Die Heirat und dass du mir hilfst, will er erlauben;
Noch heute führ’ ich in den Kerker dich hinab.

Duett

LEONORE
Noch heute! Noch heute!
O welch ein Glück! O welche Wonne l

ROCCO
Ich sehe deine Freude;
Nur noch ein Augenblick.
Dann gehen wir schon beide —

LEONORE
Wohin?

ROCCO
Zu jenem Mann hinab,
Dem ich seit vielen Wochen
Stets weniger zu essen gab.

LEONORE
Ha! — Wird er losgesprochen?

ROCCO
O nein!

LEONORE
So sprich!

ROCCO
O nein, O nein!
Wir müssen ihn, doch wie? — befrein!
Denn nach Pizarros Wille
Muss er in aller Stille
Von uns begraben sein!

LEONORE
So ist er tot?

ROCCO
Noch nicht, noch nicht.

LEONORE
Ist ihn zu töten deine Pflicht?

ROCCO
Nein guter Junge, zittre nicht,
Zum Morden dingt sich Rocco nicht.
Der Gouverneur kommt selbst hinab,
Wir beide graben nur das Grab.

LEONORE
Vielleicht das Grab des Gatten graben,
Was kann fürchterlicher sein?

ROCCO
Ich darf ihn nicht mit Speise laben,
Ihm wird im Grabe besser sein. —
Wir müssen gleich zu Werke schreiten,
Du musst mir helfen, mich begleiten;
Hart ist des Kerkermeisters Brot.

LEONORE
Ich folge dir, wär’s in den Tod.

ROCCO
In der zerfallenen Zisterne
Bereiten wir die Grube leicht.
Ich tu es, glaube mir, nicht gerne;
Auch dir ist schaurig, wie mich deucht?

LEONORE
Ich bin es nur noch nicht gewohnt.

ROCCO
Ich hätte gerne dich verschont,
Doch wird es mir allein zu schwer,
Und gar so streng ist unser Herr.

LEONORE
O welch ein Schmerz!

ROCCO
Mir scheint, er weine.
Nein, du bleibst hier — ich geh alleine,
Ich geh allein.

LEONORE
O nein, O nein!
Ich muss ihn sehn; den Armen sehen,
Und müsst ich selbst zugrunde gehen.

ROCCO, LEONORE
O säumen wir nun länger nicht,
Wir folgen unsrer strengen Pflicht.
ELFTER AUFTRITT
Die Vorigen, Jaquino und Marzelline.

MARZELLINE
Ach, Vater, Vater, eilt!

ROCCO
Was hast du denn?

JAQUINO
Nicht länger weilt!

ROCCO
Was ist geschehn?

MARZELLINE
Es folget mir Pizarro nach!
Er drohet dir.

ROCCO
Gemach! Gemach!

LEONORE
So eilet fort!

ROCCO
Nur noch dies Wort:
Sprich, weiss er schon?

JAQUINO
Ja, er weiss es schon.

MARZELLINE
Der Offizier sagt ihm, was wir
Jetzt den Gefangenen gewähren.

ROCCO
Lasst alle schnell zurücke kehren.

MARZELLINE
Ihr wisst ja, wie er tobet,
Und kennet seine Wut.

LEONORE
Wie mir’s im Innem tobet!
Empöret ist mein Blut.

ROCCO
Mein Herz hat mich gelobet,
Sei der Tyrann in Wut.
ZWÖLFTER AUFTRITT
Die Vorigen, Pizarro, später Die Gefangenen.

PIZARRO
Verwegner Alter! Welche Rechte
Legst du dir frevelnd selber bei?
Und ziemt es dem gedungnen Knechte,
Zu geben die Gefangnen frei?

ROCCO
O Herr!

PIZARRO
Wohlan!

ROCCO
Des Frühlings Kommen,
Das heitre warme Sonnenlicht,
Dann: habt Ihr wohl in acht genommen,
Was sonst zu meinem Vorteil spricht?
Des Königs Namensfest ist heute,
Das feiern wir auf solche Art.
Der unten stirbt — doch lasst die andern
Jetzt fröhlich hin und wieder wandern;
Für jenen sei der Zorn gespart.

PIZARRO
So eile, ihm sein Grab zu graben,
Hier will ich stille Ruhe haben.
Schliess’ die Gefangnen wieder ein,
Mögst du nie mehr verwegen sein!

DIE GEFANGENEN
Leb’ wohl, du warmes Sonnenlicht,
Schnell schwindest du uns wieder;
Schon sinkt die Nacht hernieder,
Aus der so bald kein Morgen bricht.

MARZELLINE
Wie eilten sie zum Sonnenlicht
Und scheiden traurig wieder.
Die andern murmeln nieder:
Hier wohnt die Lust, die Freude nicht.

LEONORE
Ihr hört das Wort, drum zögert nicht,
Kehrt in den Kerker wieder.
Angst rinnt durch meine Glieder.
Ereilt den FrevIer kein Gericht?

JAQUINO
Ihr hört das Wort, drum zögert nicht,
Kehrt in den Kerker wieder.
Sie sinnen auf und nieder!
Könnt ich verstehn, was jeder spricht!

PIZARRO
Nun, Rocco, zögre länger nicht,
Steig’ in den Kerker nieder.
Nicht eher kehrst du wieder,
Bis ich vollzogen das Gericht.

ROCCO
Nein, Herr, ich zögre länger nicht,
Ich steige eilend nieder.
Mir beben meine Glieder;
O unglückselig harte Pflicht!

ZWEITER AKT

ERSTER AUFTRITT
Florestan allein.

Nr. 11 — Rezitativ und Arie

FLORESTAN
Gott! Welch Dunkel hier! O grauenvolle Stille!
Öd’ ist es um mich her. Nichts lebet ausser mir.
O schwere Prüfung! —
Doch gerecht ist Gottes Wille!
Ich murre nicht! Das Mass der Leiden steht bei dir.

In des Lebens Frühlingstagen
Ist das Glück von mir geflohn!
Wahrheit wagt ich kühn zu sagen,
Und die Ketten sind mein Lohn.
Willig duld’ ich alle Schmerzen,
Ende schmählich meine Bahn;
Süsser Trost in meinem Herzen:
Meine Pflicht hab’ ich getan!
Und spür’ ich nicht linde, sanft säuselnde Luft?
Und ist nicht mein Grab mir erhellet?
Ich seh’, wie ein Engel im rosigen Duft
Sich tröstend zur Seite mir stellet,
Ein Engel, Leonoren, der Gattin, so gleich,
Der führt mich zur Freiheit ins himmlische Reich.
ZWEITER AUFTRITT
Florestan, Rocco und Leonore.

Nr. 12 — Melodram und Duett

Melodram

LEONORE
Wie kalt ist es in diesem unterirdischen Gewölbe!

ROCCO
Das ist natürlich, es ist ja tief.

LEONORE
Ich glaubte schon, wir würden den Eingang gar nicht finden.

ROCCO
Da ist er.

LEONORE
Er scheint ganz ohne Bewegung.

ROCCO
Vielleicht ist er tot.

LEONORE
Meint Ihr?

ROCCO
Nein, nein, er schläft nur. Das müssen wir benutzen und gleich ans Werk gehen; wir haben keine Zeit zu verlieren.

LEONORE
Es ist unmöglich, ihn zu erkennen. — Gott steh mir bei, wenn er es ist!

ROCCO
Hier, unter diesen Trümmern ist die Zisterne. — Wir brauchen nicht viel zu graben, um an die Offnung zu kommen. Gib mir eine Haue, und du, stell dich hierher. Du zitterst, fürchtest du dich?

LEONORE
O nein, es ist nur so kalt.

ROCCO
Beim Arbeiten wird dir schon warm werden.
Duett

ROCCO
Nur hurtig fort, nur frisch gegraben,
Es währt nicht lang’, er kommt herein.

LEONORE
Ihr sollt ja nicht zu klagen haben,
Ihr sollt gewiss zufrieden sein.

ROCCO
Komm, hilf doch diesen Stein mir heben —
Hab’ acht! — Hab’ acht!
Er hat Gewicht!

LEONORE
Ich helfe schon — sorgt Euch nicht;
Ich will mir alle Mühe geben.

ROCCO
Ein wenig noch!

LEONORE
Geduld!

ROCCO
Er weicht.

LEONORE
Nur etwas nochl

ROCCO
Es ist nicht leicht!

ROCCO
Nur hurtig fort, nur frisch gegraben,
Es währt nicht lang’, er kommt herein.

LEONORE
Lasst mich nur wieder Kräfte haben,
Wir werden bald zu Ende sein.
Wer du auch seist, ich will dich retten,
Bei Gott! Du sollst kein Opfer sein!
Gewiss, ich löse deine Ketten,
Ich will, du Armer, dich befrein.

ROCCO
Was zauderst du in deiner Pflicht?

LEONORE
Mein Vater, nein, ich zaudre nicht.

ROCCO
Nur hurtig fort, nur frisch gegraben,
Es währt nicht lang’, so kommt er her.

LEONORE
Ihr sollt ja nicht zu klagen haben,
Lasst mich nur wieder Kräfte haben,
Denn mir wird keine Arbeit schwer.
Er erwacht!

ROCCO
Er erwacht, sagst du?

LEONORE
Ja, er hat eben den Kopf gehoben.

ROCCO
Ohne Zweifel wird er wieder tausend Fragen an mich stellen. Ich muss allein mit ihm reden.
Nun, Ihr habt wieder einige Augenblicke geruht?

FLORESTAN
Geruht? Wie fände ich Ruhe?

LEONORE
Diese Stimme — wenn ich nur einen Augenblick sein Gesicht sehen könnte. Gott! Er ist es.

FLORESTAN
Sagt mir endlich, wer ist der Gouverneur dieses Gefängnisses?

ROCCO
Der Gouverneur dieses Gefängnisses ist Don Pizarro.

FLORESTAN
Pizarro! Dessen Verbrechen ich zu entdecken wagte! Schickt nach Sevilla, fragt nach Leonore Florestan — sagt, dass ich hier in Ketten liege.

ROCCO
Es ist unmöglich, sag’ ich Euch. Ich würde mich ins Verderben stürzen, ohne Euch genützt zu haben.

FLORESTAN
Wenn ich verdammt bin, hier mein Leben zu enden, o lasst mich nicht langsam verschmachten. Gebt mir nur einen Tropfen Wasser.

ROCCO
Alles, was ich Euch geben kann, ist ein Restchen Wein. — Fidelio!

LEONORE
Da ist er.

FLORESTAN
Wer ist das?

ROCCO
Mein Schliesser. Du bist ja in Bewegung, Fidelio!

LEONORE
Wer sollte es nicht sein? Ihr selbst, Meister Rocco …
Nr. 13 — Terzett

FLORESTAN
Euch werde Lohn in bessern Welten,
Der Himmel hat euch mir geschickt.
O Dank! Ihr habt mich süss erquickt;
Ich kann die Wohltat, ich kann sie nicht vergelten.

ROCCO
Ich lab’ ihn gern, den armen Mann,
Es ist ja bald um ihn getan.

LEONORE
Wie heftig pochet dieses
Es wogt in Freud’ und scharfem Schmerz.

FLORESTAN
Bewegt seh’ ich den Jüngling hier,
Und Rührung zeigt auch dieser Mann.
O Gott, du sendest Hoffnung mir,
Dass ich sie noch gewinnen kann.

LEONORE
Die hehre, bange Stunde winkt,
Die Tod mir oder Rettung bringt.

ROCCO
Ich tu, was meine Pflicht gebeut,
Doch hass’ ich alle Grausamkeit.

LEONORE
Dies Stückchen Brot — ja, seit zwei Tagen
Trag’ ich es immer schon bei mir.

ROCCO
Ich möchte gern, doch sag’ ich dir,
Das hiesse wirklich zu viel wagen.

LEONORE
Ach! Ihr labtet gern den armen Mann.

ROCCO
Das geht nicht an, das geht nicht an.

LEONORE
Es ist ja bald um ihn getan.

ROCCO
So sei es — ja, so sei’s — du kannst es wagen.

LEONORE
Da, nimm das Brot — du armer Mann!

FLORESTAN
O Dank dir, Dank! — O Dank! O Dank!
Euch werde Lohn in bessern Welten,
Der Himmel hat euch mir geschickt.
O Dank! Ihr habt mich süss erquickt,
Ich kann die Wohltat nicht vergelten.

LEONORE
Der Himmel schicke Rettung dir,
Dann wird mir hoher Lohn gewährt.

ROCCO
Mich rührte oft dein Leiden hier,
Doch Hilfe war mir streng verwehrt.
Ich labt’ ihn gern, den armen Mann,
Es ist ja bald um ihn getan.

LEONORE
O mehr, als ich ertragen kann!

FLORESTAN
O dass ich euch nicht lohnen kann!
DRITTER AUFTRITT
Die Vorigen, Pizarro

PIZARRO
Ist alles bereit?

ROCCO
Ja, die Zisterne braucht nur geöffnet zu werden.

PIZARRO
Gut, der Bursche soll sich entfernen.

ROCCO
Geh, entferne dich, Fidelio.

LEONORE
Wer? — Ich? — Und Ihr?

ROCCO
Geh! Geh!
Soll ich ihm die Ketten abnehmen?

PIZARRO
Nein, aber schliess ihn vom Stein los. Die Zeit drängt.
Nr. 14 — Quartett

PIZARRO
Er sterbe! —
Doch er soll erst wissen,
Wer ihm sein stolzes Herz zerfleischt.
Der Rache Dunkel sei zerrissen,
Sieh’ her! Du hast mich nicht getäuscht!
Pizarro, den du stürzen wolltest,
Pizarro, den du fürchten solltest,
Steht nun als Rächer hier.

FLORESTAN
Ein Mörder steht vor mir!

PIZARRO
Noch einmal ruf ich dir,
Was du getan, zurück;
Nur noch ein Augenblick
Und dieser Dolch —

LEONORE
Zurück!

FLORESTAN
O Gott!

ROCCO
Was soll?

LEONORE
Durchbohren
Musst du erst diese Brust;
Der Tod sei dir geschworen
Für deine Mörderlust.

PIZARRO
Wahnsinniger!

ROCCO
Halt ein!

PIZARRO
Er soll bestrafet sein!

LEONORE
Töt’ erst sein Weib!

ROCCO, PIZARRO
Sein Weib?

FLORESTAN
Mein Weib?

LEONORE
Ja, sieh’ hier Leonore!

FLORESTAN
Leonore!

LEONORE
Ich bin sein Weib, geschworen
Hab’ ich ihm Trost. Verderben dir!

PIZARRO
Welch unerhörter Mut!

FLORESTAN
Vor Freude starrt mein Blut!

ROCCO
Mir starrt vor Angst mein Blut.

LEONORE
Ich trotze seiner Wut!

PIZARRO
Soll ich vor einem Weibe beben?

LEONORE
Der Tod sei dir geschworen.

PIZARRO
So opfr’ ich beide meinem Grimm.

LEONORE
Durchbohren musst du erst diese Brust!

PIZARRO
Geteilt hast du mit ihm das Leben,
So teile nun den Tod mit ihm.

LEONORE
Noch einen Laut — und du bist tot!
Ach! Du bist gerettet! Grosser Gott!

FLORESTAN
Ach! Ich bin gerettet! Grosser Gott!

PIZARRO
Ha! Der Minister! Höll’ und Tod!

ROCCO
O was ist das! Gerechter Gott!
VIERTER AUFTRITT
Die Vorigen, Jaquino, Soldaten.

JAQUINO
Vater Rocco, Vater Rocco, der Herr Minister kommt an, sein Gefolge ist schon vor dem Schlosstor.

ROCCO
Gelobt sei Gott! Wir kommen, ja wir kommen augenblicklich. Und unsere Leute sollen heruntersteigen und den Herrn Gouverneur hinaufbegleiten.

LEONORE, FLORESTAN
Es schlägt der Rache Stunde.
Du (ich) soll(st) gerettet sein;
Die Liebe wird im Bunde
Mit Mute dich (mich) befrein.

PIZARRO
Verflucht sei diese Stunde!
Die Heuchler spotten mein;
Verzweiflung wird im Bunde
Mit meiner Rache sein.

ROCCO
O fürchterliche Stunde!
O Gott, was wartet mein?
Ich will nicht mehr im Bunde
Mit diesem Wütrich sein.
FÜNFTER AUFTRITT
Leonore, Florestan.

FLORESTAN
Meine Leonore, was hast du für mich getan!

LEONORE
Nichts, nichts, mein Florestan!

Nr. 15 — Duett

LEONORE
O namenlose Freude!
Mein Mann an meiner Brust!

FLORESTAN
O namenlose Freude!
An Leonorens Brust!

BEIDE
Nach unnennbarem Leide
So übergrosse Lust!

LEONORE
Du wieder nun in meinen Armen1

FLORESTAN
O Gott, wie gross ist dein Erbarmen!

BEIDE
Mein Weib, mein Weib, an meiner Brust!
Mein Mann, mein Mann, an meiner Brust!
O dank dir, Gott, für diese Lust!

FLORESTAN
Du bist’s!

LEONORE
Ich bin’s!

FLORESTAN
O himmlisches Entzücken! Leonore!

LEONORE
Florestan!

BEIDE
O namenlose Freude!
Mein Weib, mein Weib, an meiner Brust!
Du wieder mein, an meiner Brust!
O dank dir, Gott, für diese Lust!
An dieser Stelle erfolgt bei manchen Aufführungen als Einschub die
Ouvertüre »Leonore III«
SECHSTER AUFTRITT
Die Gefangenen, Don Fernando, Pizarro, Marzelline und Jaquino.

Nr. 16 — Finale

CHOR DER GEFANGENEN UND DES VOLKES
Heil sei dem Tag,
Heil sei der Stunde,
Die lang ersehnt, doch unvermeint,
Gerechtigkeit mit Huld im Bunde
Vor unsres Grabes Tor erscheint!

FERNANDO
Des besten Königs Wink und Wille
Führt mich zu euch, ihr Armen, her,
Dass ich der Frevel Nacht enthülle,
Die all’ umfangen schwarz und schwer.
Nein, nicht länger knieet sklavisch nieder,
Tyrannenstrenge sei mir fern.
Es sucht der Bruder seine Brüder,
Und kann er helfen, hilft er gern.

CHOR
Heil sei dem Tag,
Heil sei der Stunde!

FERNANDO
Es sucht der Bruder seine Brüder,
Und kann er helfen, hilft er gern.
SIEBENTER AUFTRITT
Die Vorigen, Rocco, Leonore, Florestan.

ROCCO
Wohlan, so helfet! Helft den Armen!

PIZARRO
Was seh’ ich? Ha!

ROCCO
Bewegt es dich?

PIZARRO
Fort! Fort!

FERNANDO
Nun, rede!

ROCCO
All Erbarmen
Vereine diesem Paare
Don Florestan —

FERNANDO
Der Totgeglaubte,
Der Edle, der für Wahrheit stritt?

ROCCO
Und Qualen ohne Zahl erlitt.

FERNANDO
Mein Freund! Mein Freund! Der Totgeglaubte? —
Gefesselt, bleich steht er vor mir.

ROCCO, LEONORE
Ja, Florestan, Ihr seht ihn hier.

ROCCO
Und Leonore —

FERNANDO
Leonore?

ROCCO
Der Frauen Zierde führ’ ich vor.
Sie kam hierher —

PIZARRO
Zwei Worte sagen —

FERNANDO
Kein Wort!
Sie kam —

ROCCO
Dort an mein Tor,
Und trat als Knecht in meine Dienste,
Und tat so brave, treue Dienste,
Dass ich — zum Eidam sie erkor.

MARZELLINE
O weh’ mir, was vernimmt mein Ohr!

ROCCO
Der Unmensch wollt’ in dieser Stunde
Vollziehn an Florestan den Mord.

PIZARRO
Vollziehn mit ihm!

ROCCO
Mit uns im Bunde!
Nur Euer Kommen rief ihn fort.

CHOR
Bestrafet sei der Bösewicht,
Der Unschuld unterdrückt.
Gerechtigkeit hält zum Gericht
Der Rache Schwert gezückt.

Pizarro wird abgeführt

FERNANDO
Du schlossest auf des Edlen Grab,
Jetzt nimm ihm seine Ketten ab —
Doch halt! Euch, edle Frau, allein,
Euch ziemt es, ganz ihn zu befrein.

LEONORE
O Gott! — Welch ein Augenblick!

FLORESTAN
O unaussprechlich süsses Glück!

FERNANDO
Gerecht, O Gott, ist dein Gericht.

MARZELLINE, ROCCO
Du prüfest, du verlässt uns nicht.

ALLE
O Gott! O welch ein Augenblick !
O unaussprechlich süsses Glück!
Gerecht, O Gott, ist dein Gericht,
Du prüfest, du verlässt uns nicht!

CHOR
Wer ein holdes Weib errungen,
Stimm’ in unsern Jubel ein!
Nie wird es zu hoch besungen,
Retterin des Gatten sein.

FLORESTAN
Deine Treu’ erhielt mein Leben,
Tugend schreckt den Bösewicht.

LEONORE
Liebe führte mein Bestreben,
Wahre Liebe fürchtet nicht.

CHOR
Preist mit hoher Freude Glut
Leonorens edlen Mut.

FLORESTAN
Wer ein solches Weib
Stimm’ in unsern Jubel ein!
Nie wird es zu hoch besungen,
Retterin des Gatten sein.

LEONORE
Liebend ist es mir gelungen,
Dich aus Ketten zu befrein.
Liebend sei es hoch besungen-.
Florestan ist wieder mein!

CHOR
Wer ein holdes Weib errungen,
Stimm’ in unsern Jubel ein!
Nie wird es zu hoch besungen,
Retterin des Gatten sein.

LEONORE
Liebend sei es hoch besungen:
Florestan ist wieder mein!

ALLE
Nie wird es zu hoch besungen,
Retterin des Gatten sein.